Klaus Pretor © 2007

Universität Greifswald - Der Karzer

In vergangenen Jahrhunderten war es üblich, dass Studierende für kleinere Vergehen direkt der Gerichtsbarkeit der Universitätsgremien unterstanden und für Vergehen im Karzer der Universität inhaftiert wurden. Der historische Studentenkarzer befindet sich im Hörsaalgebäude (Auditorium maximum) der Universität Greifswald. Er war von 1885 bis 1914 zum Absitzen von Strafen aufgrund disziplinarischer Verstöße in Benutzung. Durch ein kleines Fenster schaut man auf den Innenhof der Universität. Es galt als Ehrensache für einen Studenten, während seiner Studentenzeit wenigstens einmal eine Karzerstrafe abgesessen zu haben. Dieses Ereignis wurde dann auch gebührend begangen, wie die wenig besinnlichen Wand-, Tisch- und Türmalereien belegen, die noch heute als museale Sehenswürdigkeit gezeigt werden. Es war Bestandteil des "Ehrenkodex" zwischen Pedellen und Einsitzendem, dass nur die auf frischer Tat ertappten Verzierungen des Karzers geahndet und beseitigt wurden, also lag die hohe Kunst darin, beim Verlassen des Karzers so abzulenken, dass die neuen Verzierungen vom Pedell nicht bemerkt wurden, damit verblieben sie der Nachwelt. Ein Aufenthalt im Studentenkarzer wegen verschiedener disziplinarischer Verstöße war seit dem Ende des 19. Jahrhunderts dank der Einführung einer neuen Karzerordnung durch den königlichen Universitätsrichter Konrad Gesterding sehr beliebt. Da sich die Studenten im Karzer in der Regel selbst verpflegen mussten und auch Besuch empfangen durften, war es ein Leichtes, die „Strafe“ zu einem gesellschaftlichen Ereignis mit exzessivem Alkoholkonsum werden zu lassen, was in Quellen des 19. Jahrhunderts immer wieder berichtet wird. Die meisten deutschen Universitätskarzer wurden in den Jahren um 1910-1914 aufgelöst. (Infoblatt - Kustodie / Wikipedia)